Stillen – Physiologie


Muttermilch ist die natürliche Ernährung des Kindes. Sie bietet die ideale Grundlage für Wachstum und Entwicklung des Kindes und bietet einen komplexen immunologischen Schutz. Dies gilt im Besonderen für die Milch in den ersten Tagen post partum, das Kolostrum. Die Zusammensetzung der Muttermilch variiert dann in den verschiedenen Phasen der Laktation, angepasst an die jeweiligen kindlichen Bedürfnisse. Muttermilch ist die für den Menschen vorgesehene Ernährung. Stillt eine Mutter, so ist die Nahrung jederzeit und überall in der richtigen Temperatur und Zusammensetzung kostenlos verfügbar. Durch die körperlichen und hormonellen Abläufe fördert das Stillen zudem die Bindung zwischen Mutter und Kind und stärkt die Frau in ihrer Mutterrolle. Kindesmisshandlungen und kindliche Unfälle sind seltener.
Die Brust stellt sich bereits in der Schwangerschaft auf die Stillzeit ein und sichert somit die Nahrung für das Kind von Geburt an. Mit der Geburt kommt es durch den Wegfall der im Mutterkuchen erzeugten Hormone zum Beginn der reichlichen Milchbildung. Der Zeitpunkt kann variieren, wobei die Steigerung innerhalb von 36 bis 96 Stunden nach der Geburt zu erwarten ist. Der Verbleib von Plazentaresten im Uterus kann den Zeitpunkt negativ beeinflussen. Voraussetzung für einen ausreichenden Milchaufbau ist die häufige und effektive Entleerung der milchbildenden Alveolen von Geburt an. Der oft auch unangenehm empfundene Milcheinschuss fällt besonders stark aus, wenn gerade am ersten Tag diese Entleerung der Muttermilch aus der Brust unzureichend erfolgt. Häufiges, effektives Stillen von Beginn an sichert hingegen die reichliche Milchbildung, je nach Bedarf des Kindes. Die Milchbildung und das kindliche Saugen sind somit unweigerlich miteinander verbunden. Die Berührungsreize und Saugimpulse führen zu einer Ausschüttung des Milchbildungshormons [https://de.wikipedia.org/wiki/Prolaktin Prolaktin], sowie des Milchspendereflexhormons [https://de.wikipedia.org/wiki/Oxytocin Oxytocin]. Beide Hormone werden nach der Geburt verstärkt ausgeschüttet. Deshalb sollte so früh wie möglich angelegt werden. Oxytocin hat nicht nur eine Wirkung auf die Muskelzellen in den Milchgängen und sorgt so für einen guten Milchfluss, es wirkt zudem auf die Muskeln der Gebärmutter, sodass Stillen auch ihre Rückbildung fördert.
Aus den oben genannten Gründen wird ein frühes und häufiges Stillen – achtmal und mehr in 24 Stunden – vom ersten Tag an angestrebt. Bei Schwierigkeiten beim Stillen helfen Hebammen und Laktationsberaterinnen. Auch spezielle Literatur kann helfen. Es gibt nur wenige Gründe, wieso eine Mutter nicht stillen kann. Medikamenteneinnahme oder Erkrankungen von Mutter oder Kind erfordern selten eine Stillpause oder ein Abstillen. Sollte Stillen, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich sein und abgepumpte Muttermilch bzw. Frauenmilch nicht zur Verfügung stehen, dann deckt die künstliche Säuglingsnahrung die Ernährungsbedürfnisse des Kindes. Physiologische Abläufe im Handling sollten sich hierbei am Stillen orientieren. Auch hier gilt es, die Frau in ihrer Mutterrolle zu bestärken.
Für ein gesundes, termingeborenes Baby ist in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließliches Stillen empfehlenswert. Der richtige Zeitpunkt, Beikost einzuführen, kann individuell variieren. Eltern sollten dabei auf die Signale ihres Kindes achten und nicht vor dem fünften Lebensmonat, spätestens mit vollendetem sechstem Lebensmonat mit einer zusätzlichen Ernährung beginnen
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Links zum Thema:
Aktionsgruppe Babynahrung: http://www.babynahrung.org www.babynahrung.org\
Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS): http://www.afs-stillen.de www.afs-stillen.de\

Babyfreundlich  Eine Initiative von WHO und UNICEF: https://www.babyfreundlich.org/eltern.html

Literaturempfehlungen:
Benkert, B. (2001): Das besondere Stillbuch für frühgeborene und kranke Babys, Ravensburg
Guòth-Gumberger, M./Hormann, E. (2014): Stillen − Einfühlsame Begleitung durch alle Phasen der Stillzeit, München
Lüpold, S. (2013): Stillen ohne Zwang, Zürich
Masaracchia, R. (2012): Wie, du stillst nicht?“: Das Praxisbuch für Mütter, die nicht stillen wollen oder können, München

Autoren:
Barbara Walcher, Kinderkrankenpflegerin, Stillberaterin IBCLC und Fachberaterin-Therapeutin EEH, arbeitet, nachdem sie über 20 Jahre im klinischen Bereich tätig war, seit 2012 in eigener Praxis in Brixen. Die Grundlagen aus den verschiedenen Ausbildungen sowie die vielseitigen Erfahrungen in der Begleitung von Familien sind wesentliche Bestandteile ihrer Arbeitsweise. Sie unterrichtet seit vielen Jahren Gesundheitspersonal zu verschiedenen Themen der perinatalen Zeit, der Initiative BFH, der pädiatrischen Pflege, des kindlichen Schlafverhaltens und der Begleitung von Kindern in herausfordernden Situationen. Sie ist Verfasserin mehrerer Fachartikel rund um die Themen kindliche Bedürfnisse und Bindungsförderung. Koordinatorin EEH Italien, Fachberaterin für Emotionelle Erste Hilfe.
Autor Prof. Dr. Ludwig Spätling, Direktor der Frauenklinik Fulda a.D.