Schreibaby – Wie gehen Eltern mit einem Schreibaby um, was kann helfen?


Stundenlanges Herumtragen in verschiedenen Positionen, ständiges Stillen, Föngeräusch, Wippen auf dem Pezziball, mit dem Kinderwagen über Pflastersteine, Fahrten auf der Autobahn usw. Eltern versuchen alles, um ihr Baby zu beruhigen. Ein exzessiv zum Teil über Stunden schreiendes Baby, das sich nicht beruhigen lässt, überfordert alle Eltern. Bei manchen Eltern kann schon nach kurzer Zeit die Kompensationsfähigkeit überschritten sein. Hilflosigkeit, massive Erschöpfung, Verzweiflung, Schuldgefühle auch Wut und Ablehnung des Kindes können Gefühle sein, die Eltern mit einem Schreibaby bei sich erleben. Es können sich „Teufelskreise“ entwickeln aus nicht Tröstbarkeit des Kindes und negativem Feedback bei den Eltern, die sich mit ihrem Baby schließlich gar nichts mehr trauen und auch die schönen Momente, wenn das Baby sie anlächelt, nicht mehr genießen können.
In erster Linie brauchen die Mütter/Eltern konkrete Unterstützung und Hilfe im Alltag, z. B. im Haushalt mit mal wieder einem warmen Essen oder erledigtem Einkauf, aber auch Entlastung mit dem Baby, wenn möglich auch ab und zu eine andere Betreuungsperson für das Kind, für Auszeiten für die Mutter. Den Babys hilft in den ersten Wochen und Monaten, wenn sie mit Reizabschirmung und regelmäßigen Schlafenszeiten vor allem am Tag zu einem stabilen Tagesrhythmus finden. Nach einer Wachzeit von eineinhalb bis zwei Stunden sollten die Babys wieder zur Ruhe und zum Schlafen gebracht werden; sie können leichter einschlafen, wenn sie nicht übermüdet sind. Schließlich „wächst“ sich das exzessive, nicht tröstbare Schreien bei den meisten Babys im Alter von drei Monaten mit dem ersten Reifungsschub aus.
Expertin: Frau Dr. Margret Ziegler, Kinder- und Jugendärztin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, München
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Ist es gefährlich bzw. unnormal, wenn mein Kind beim Schreien die Luft anhält und dann sogar in eine kurze Ohnmacht fällt?
Mein Kind schreit sehr viel, besonders in den Abendstunden, ohne dass ich einen Grund dafür erkennen und es beruhigen kann. Was soll ich tun?
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Literatur:
Cierpka, M. (2012): Frühe Kindheit 0–3 Jahre – Beratung und Psychotherapie für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern, Berlin/Heidelberg
Mall, V./Friedmann, A. (Hrsg.) (2016): Frühe Hilfen in der Pädiatrie, Heidelberg
Papoušek, M./Schieche, M./Wurmser, H. (Hrsg.) (2004): Regulationsstörungen der frühen Kindheit – Frühe Risiken und Hilfen im Entwicklungskontext der Eltern-Kind-Beziehungen, Bern
Stern, D. (1998): Die Mutterschaftskonstellation, Stuttgart
Ziegler, M. (2015): „Regulationsstörungen – Ursachen, Wechselwirkungen, Interventionen“, in: Kinderärztliche Praxis. Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin 6/2015:356
Ziegler, M. (2016a): „Frühkindliche Regulationsstörungen“, in: Mall, V./Friedmann, A. (Hrsg.): Frühe Hilfen in der Pädiatrie, S. 40-62, Heidelberg
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Ziegler, M./Schieche, M. (2014): „Beziehungsfokussierte Therapie bei Verhaltensstörungen im Kleinkindalter“, in: Mall, V./Voigt, F./Jung, N. (Hrsg.): Wege zur Inklusion, Frühdiagnostik, Frühtherapie, Kindliche Sozialisation, S. 211-221, Lübeck
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