Partnerschaft – Stress und seine Konsequenzen


Alle Veränderungen bzw. die resultierenden Anforderungen können bei den Eltern Stress auslösen. Stress meint das subjektive Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen und den eigenen Bewältigungsmöglichkeiten. Anforderungen können von den Eltern selbst oder von außen kommen. Dazu gehören Aufgaben, Erwartungen, Bedürfnisse, die zu erfüllen sind, z. B. Bedürfnisse des Kindes, Haushaltsarbeiten oder das regelmäßige Treffen mit den Großeltern des Kindes. Bewältigungsmöglichkeiten meint Ressourcen, um den gestellten Anforderungen zu begegnen, z. B. Flexibilität, ausreichende finanzielle Mittel, Ausgeglichenheit, Zeit und günstige Bewältigungsfertigkeiten usw.
Dies kann am Beispiel der Erwartungen gut veranschaulicht werden:
Man hat eine Vorstellung davon, wie eine Beziehung zu führen ist, wie man sich in einer Freundschaft zu verhalten hat oder was eine gute Mutter oder einen fürsorglichen Vater ausmacht. Diese Vorstellungen führen zu Erwartungen, welche wiederum einen starken Einfluss auf unser Verhalten, unser Denken und Fühlen haben. Stehen genügend Ressourcen zur Verfügung, werden Erwartungen erfüllt und ist das Wohlbefinden hoch. Unerfüllte Erwartungen hingegen führen oft zu Traurigkeit, Wut, Enttäuschung oder Angst. Erwartet ein Elternteil, dass fürsorgliche Eltern immer ruhig und gelassen auf das Schreien des Kindes reagieren (= Anforderung), so sind sie von sich enttäuscht, wenn sie nach einer schlaflosen Nacht nur noch wenig Geduld und Verständnis (= Ressourcen) für das Kind aufbringen können.
Die Einschätzung der Bewältigungsmöglichkeiten und der Anforderungen sind subjektiv, da sie von der eigenen Stimmung, der Biografie und Einstellungen geprägt sind. Stehen subjektiv mehr Ressourcen zur Verfügung, als Anforderungen gestellt werden, so spricht man von Unterforderung und bei mehr Anforderungen als Bewältigungsmöglichkeiten von Überforderung. Überforderungsstress ist bei jungen Eltern häufiger zu beobachten, weil viele Anforderungen mit dem Kind neu und ungewohnt sind und Bewältigungsmöglichkeiten erst erarbeitet werden müssen. Die Folgen von Stress auf individueller Ebene sind vielfältig und können den Körper (Schlafstörungen, Appetitstörungen, Verdauungsbeschwerden, Spannungskopfschmerzen, Kreislaufprobleme usw.), soziale Aspekte (Rückzug und Verlust von Freunden, Isolation) und die Psyche betreffen (Gefühle der Insuffizienz, Erschöpfung, Ängste, depressive Verstimmungen usw.). Genauso kann Stress aber auch auf das (Eltern-) Paar negative Konsequenzen haben. Sowohl quer- als auch längsschnittlich hat sich gezeigt, dass durch Stress die Beziehungsqualität und -stabilität reduziert sind. Ein hohes Stressniveau führt dazu, dass weniger Zeit mit dem Partner verbracht wird, wodurch weniger gemeinsame Erlebnisse stattfinden können und es kaum noch Austausch zwischen den Partnern gibt. Weiter kommen unter Stress eher negative Charaktereigenschaften wie Gereiztheit oder Selbstbezogenheit zum Vorschein, was oft zu Streitigkeiten führt. In der Folge ist das Wir-Gefühl reduziert und die Partner entfremden sich.
Eine stabile Beziehung ist nicht nur für das Wohlbefinden beider Elternteile von großer Bedeutung, sondern auch für das Wohl des Kindes wichtig, da eine wechselseitige Beziehung zwischen der elterlichen Sensitivität und der Beziehungsqualität besteht. Eine Abnahme der Beziehungsqualität im Übergang zur Elternschaft geht mit einer Reduktion der mütterlichen Sensitivität, der väterlichen Fürsorge und der positiven Eltern-Kind-Beziehung einher.
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Autoren: Valentina Anderegg und Guy Bodenmann
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Informationsblatt [https://www.familienschule-fulda.de/Dokumente/Umgang%20mit%20Stress100818.pdf “Umgang mit Stress”]
Literatur:
Bodenmann, G. (2000): Stress und Coping bei Paaren, Göttingen
Bodenmann, G. (2012): Verhaltenstherapie mit Paaren, Bern
Bodenmann, G. (2015): Bevor der Stress uns scheidet  Resilienz in der Partnerschaft, Bern
Petch, J./Halford, W. K. (2008): „Psycho-education to enhance couples’ transition to parenthood“, in: Clinical Psychology Review, 28(7), 1125–1137 (http://doi.org/doi:10.1016/j.cpr.2008.03.005; abgerufen am 11.02.2019)
Schulz, M. S./Pruett, M. K./Kerig, P. K./Parke, R. D. (2010): Strengthening couple relationships for optimal child development: Lessons from research and intervention, Washington, DC, US
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